Von der Auenlandschaft zum Landschaftspark
Wie heißt der größte Park in Frankfurt? Wer hier mit „Niddapark“ antwortet, outet sich sofort als Neufrankfurter, den es erst in den letzten 30 Jahren an Nidda und Main verschlagen hat. Echte Alt-Frankfurter kennen den großen Landschaftspark als „Buga-Gelände“.
1989 fand die 20. Bundesgartenschau im Niddagelände statt. Die politisch sehr umstrittene Veranstaltung war gleichzeitig Anlass zur Gestaltung des damals bereits seit mehr als 60 Jahren geplanten Volksparks Niddatal. Oberbürgermeister Walter Wallmann (CDU) nannte die Buga sogar „Mittel zum Zweck“ der Anlage des Parks. Bis dahin war die ehemalige Niddaaue, die 1927 durch die Kanalisierung der Nidda überschwemmungsfrei geworden war, zum großen Teil landwirtschaftlich genutzt worden.
Idee des Volksparks Niddatal
Der Park sollte nach Aussage der Planer naturnah in Annäherung an die ehemalige Aue gestaltet sein und Naturschutz und Erholungsmöglichkeiten verbinden. So wurden Freizeiteinrichtungen wie Sport- und Spielplätze vor allem auf der bebauungsnahen Ginnheimer Seite eingeplant. Im Inneren des Parks sollten Wildwiesen und Wälder Naturerlebnisse abseits des Rummels ermöglichen. Dafür wurde auch ein Freigehege des Frankfurter Zoos, das 1975 in der ehemaligen Niddaaue eröffnet worden war, wieder zurückgebaut. Der südliche Teil des neugestalteten Parks – der Bereich auf der Hausener Gemarkung – lag dabei von Anfang an außerhalb der eigentlichen Buga.
Der Park und die Bundesgartenschau wurden konzipiert vom Landschaftsarchitekten Norfried Pohl.
Freigehege des Zoos im Niddapark 1981. (© Norfried Pohl – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=69848882)
Aufbau der Buga
Die Bundesgartenschau spielte mit dem Gegensatz zwischen dem naturnahen Landschaftspark und den künstlerisch gestalteten Gartenanlagen. Diese waren bewusst nicht auf Dauer angelegt und konzentrierten sich im nördlichen Teil des Parks.
Herzstück der Buga war die „Schau der Gärten“. Hier befand sich neben Bereichen mit unterschiedlichen Pflanzenarten ein See mit Cafe (oben rechts im Bild) und ein 75 Meter hoher Aussichtsturm (nicht sichtbar).
(© Norfried Pohl – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=69483851)
Heute ist hier die ‚Hundewiese‘.
Ein „großes Blumenband“ zog sich vom Eingang Praunheim an der heutigen Praunheimer Bücke bis zur „Schau der Gärten“.
(© Norfried Pohl – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=69483851)
Mit einer elektrisch betriebenen Bahn konnten Besucher das Parkgelände umrunden. (© www.porschelok.de)
Aussichtsplatz im Niddapark 1989, als im Norden die Buga stattfand.
(© Norfried Pohl – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0)
An Orten mit besonderen Blickachsen wurden Ruheplätze eingerichtet.
Weitere größere Bereiche waren die Hallenschauen im Bereich des heutigen Spielplatzes auf der Ginnheimer Seite und eine Ausstellung zur Entwicklung der Schrebergärten in der Kleingartenanlage Nidda-Ufer.
Lageplan der Buga 1989 aus dem offiziellen Begleitbuch zur Schau
(Ein Erlebnis zum Aufblühen. Frankfurt 1989)
Was ist heute erhalten?
Generell entspricht der heutige Park inklusive seiner Wegführung weitestgehend dem im Zusammenhang mit der Buga angelegten Park-Gelände. In einzelnen Bereichen lässt sich die damalige Gestaltung besonders gut nachvollziehen:
Das Ginnheimer Wäldchen wurde für die Schau nach Angaben der Organisatoren von zum Teil asphaltierten Wegen befreit und ausgelichtet und so in einen natürlichen Zustand zurückversetzt.
Das Praunheimer Wäldchen wurde für die Buga neu gepflanzt. Zur Zeit der Schau war es zum Schutz der noch jungen Bäume für Besucher gesperrt.
Die Lindenallee am Gelände des SV Blau-Gelb wurde für die Buga mit 400 damals rund 10 Meter hohen Kaiserlinden bepflanzt. Geplant war, dass die Kronen der Bäume in späteren Jahren zusammenwachsen und ein durchgehendes Dach ergeben sollten. Das ist knapp 35 Jahre später noch nicht ganz gelungen. Ein großer Teil der Allee sowie das Vereinsgelände selbst lagen dabei außerhalb des eigentlichen Buga-Geländes
Am augenfälligsten sind wohl die „Ruheplätze“, die im ganzen Gelände verteilt waren – und fast ausnahmslos heute noch stehen. Im westlichen Teil des Parks sind die Stelen und Tempel aus grauem Granit errichtet, im östlichen aus rotem Mainsandstein. Sie werden im Buga-Führer als „Elemente zeitloser Schönheit“ beschrieben – eine Einschätzung, über die sich heute sicher streiten ließe.
Vom Herzstück der Buga, der Schau der Gärten, ist nichts erhalten, hier erstreckt sich heute die Hundewiese, der größte offene Bereich des Niddaparks.
Enttäuschendes Ergebnis
Der Ansturm auf die Buga blieb 1989 deutlich hinter den Erwartungen zurück. Statt der erwarteten 8 Millionen Besucher zählte die 171 Tage dauernde Schau nur etwas mehr als 4 Millionen Gäste. Auch wirtschaftlich erreichte die Schau nicht das erhoffte Ergebnis. Die Veranstalter gaben die Kosten im Oktober 1989 mit 100 Millionen D-Mark an, die taz spricht in ihrer Ausgabe vom 2.11.1989 von 220 Millionen. Statt der erhofften 27 Millionen D-Mark wurden 20 Millionen eingenommen.
Vor allem bei den Frankfurtern war die Schau nicht sehr beliebt, was die Organisatoren zum einen auf das naturnahe Konzept und den Fokus auf eine Anreise mit dem ÖPNV zurückführt. Zum anderen hätte aber auch die öffentliche Kritik, die die Schau bereits lange vor ihrer Eröffnung erfahren hatte, die Frankfurter abgeschreckt.
Naturschutz oder die Vernichtung von Grün?
Im Zentrum der Kritik stand unter anderem ein von der FDP-nahen Karl-Hermann-Flach-Stiftung in Auftrag gegebenes Gutachten aus dem Jahr 1981, das zu einem durch und durch negativen Ergebnis gelangte. Hauptkritikpunkte waren die nach Meinung der Gutachter unseriöse Kostenplanung sowie die Zerstörung der vorhandenen Natur im Niddatal. Sie sagten voraus, die Buga werde „500 Millionen bis 1 Milliarde DM verschlingen, um einen stadtnahen Freiraum mit seiner spezifischen Stadtrandqualität zu entwerten und zu zerstören, Stadtquartiere durch Flächenentzug für Verkehr mit folgender Verkehrsbelastung in ihrer Wohn- und Nutzungsqualität zu mindern.“ (Untersuchung zur Bundesgartenschau Frankfurt 1989 (Kassel 1981), S. 31). Die Gutachter stützten sich auf eigene Recherchen aber auch auf die Arbeit der Frankfurter Bürgerinitiative „Die Grünschnäbel“, die die Errichtung des Parks sowie die Buga aus Naturschutzgründen ablehnten. Dieser Initiative ist es aus eigener Einschätzung u.a. zu verdanken, dass der ursprünglich eingeplante Grünburgpark später aus dem Bugakonzept herausgenommen wurde.
Die Veranstalter verwiesen hingegen darauf, dass vor der Anlage des Parks rund zwei Drittel des Gebietes nicht öffentlich zugänglich gewesen seien, und sahen den Park als Mittel an, um das Gebiet „vor weiterer Inanspruchnahme zu retten“.
Quellen:
Print:
Ein Erlebnis zum Aufblühen. Bundesgartenschau Frankfurt 1989 GmbH (Frankfurt 1989)
Untersuchung zur Bundesgartenschau Frankfurt 1989 (Kassel 1981)
Digital:
Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft: BUGA Frankfurt/Main 1989
Goethes Rotweinnase hat ausgedient – taz.de
Zeitgeschichte in Hessen – Daten · Fakten · Hintergründe : Erweiterte Suche : LAGIS Hessen (lagis-hessen.de)
1989 Frankfurt Buga – Porschelok (holgerschuett.de)
Grünschnäbel erfolgreich gegen BuGa 1989 in Frankfurt | stadtundnatur (wordpress.com)